FESTIVALKURATION, FESTIVALMAGALOG
Daubermann GmbH
FESTIVALKURATION, FESTIVALMAGALOG
Daubermann GmbH
Im Jahr 1981, noch im analogen Zeitalter, sind es KRAFTWERK, die auf ihrem Album „Computerwelt“ bereits die digitale Revolution besingen – oder besser: besprechen. Ihre technokratisch-entrückten Stücke sind retrospektiv wie Schablonen für die Wirklichkeit von heute.
Revolution ist oftmals mit dem Streben nach Freiheit verbunden. Bis in die 2000er Jahre gibt es digitale Freiheit ‚im Netz‘ zu erleben. Es organisiert und verwaltet sich selbst – global. Das Konsensprinzip
hilft bei der Aushandlung von Standards – zwischen Menschen und Menschen, dazwischen die Technologie. In Abwesenheit staatlicher Regulierung und der Überpräsenz großer Corporates finden hier kosmopolitische Gestaltung und Dialog statt.
Heute ist von dieser Freiheit und echten, individuellen Gestaltungsräumen wenig verblieben. Viele Zeiteinheiten verbringen Menschen in digitalen Einkaufszentren, gleich derer die auch unsere analoge Welt durchrastern. Wir betreten unsere Networks, gehen in Hochgeschwindigkeit und mit Relevanzfilter an ihren ausstaffierten Template-Containern vorbei. Unermüdlich auf der Suche nach vermeintlichen Erstrebsamkeiten in einer Welt visueller, inhaltlicher und sozialer
Gleichförmigkeit. Wahlweise werden wir auch selbst zu Ausstellern oder bleiben Windowshopper der Leben anderer.
Anstatt mit unseren Taschencomputern die kreativen Möglichkeiten zu entdecken und aktiv zu gestalten, nutzen wir oft nur wenige – limitierte wie limitierende – Plattformen. Hier gibt es Like-Kultur
und Live-Kultur. Visuell-vordergründige, schnelllebige Pixel-Allokationen, wahlweise in Formen von Konsum, Fashion, Food-Arrangements oder Selbstbildnissen. Hier existiert kaum Individualität der Form und nur wenig Individualität des Inhalts. Dieser digitale Dreigroschenroman schreibt sich selbst fort.
Soweit zumindest ein Bild gewisser Majoritätszustände.
Aber wie sollen unsere Gesellschaften zukünftig gestaltet sein? Im staatlichen China werden neue Modelle ganz praktisch realisiert. In einem persönlichen Ranking geht alles nach Punkten, der Besuch der Großeltern wird positiv vergütet, das Aufbegehren tendenziell nicht. Das persönliche Ranking entscheidet über IN or OUT.
So haben sich viele Social Design nicht vorgestellt.
Wie aber lautet eine Antwort, in der Designer oder andere Kreative mit ihren besonderen Kompetenzen an gesellschaftlichen Gestaltungsprozessen mitwirken können? Wie sieht eine Perspektive aus, die Idealismus, Positivismus vereint und auch real werden kann? Sie beginnt in unserem Inneren, ganz auf uns selbst gerichtet. – Nicht unbedingt das, was man mit einem klassischen Vorstellungsbild von ‚Revolution‘ verbindet. Sind es doch nicht die fahnenschwenkenden (digitalen) Uniformitäts-Massen, die sich mit einer klaren Leitidee aufmachen, um die Welt monolithisch zu verändern. Diese Revolution ist divers – so divers wie individuell. Sie beginnt bei dem, was uns im Kern ausmacht, bei unserer Identität.
Die Frage nach Identität – gerade nach der eigenen – bleibt im ersten Moment abstrakt. Sie führt zu grundsätzlichen Überlegungen, zur substanziellen Reflektion. Die Antwort lässt sich nicht plakatieren. Sie ist komplex, vielschichtig und so individuell wie wir. Die Antwort liegt kaum auf der Hand, sondern möchte entdeckt und freigelegt werden. Vielmehr ist sie ein Prozess – eine Entdeckungsreise
zu uns selbst. Wer sich auf diese spannende Reise begibt, beginnt sich Fragen zu stellen: Was ist wichtig? Was ist mir eigentlich wirklich wichtig, so wichtig, dass ich ohne es nicht vollständig wäre? Was sollte mir eigentlich wichtig sein?
Fragen nach den eigenen Werten führen ganz direkt auch zu gemeinsamen Wertefragen: Was sollte in unserer Gesellschaft, in unserer Gemeinschaft wichtig sein? Wertefragen öffnen Raum
für Austausch, Diskurs und Gestaltung. Wenn wir diese Welt gestalten wollen, dann sollten wir uns unserer Identität bewusst sein. Eigenständigkeit entsteht nicht durch Benchmarks, Individualität
nicht durch Templates – gleich welcher Art. Unsere Identität sollte im Zentrum unseres Handelns stehen, sie ist, was uns trägt und bestimmt. Die Revolution liegt in uns.
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